Rio de Janeiro ist, vor
allem aufgrund der Copacabana, dem Zuckerhut und der wohl bekanntesten
Karnevalparty, als wundervolle Stadt bekannt. Doch diese wundervolle Stadt ist
voller Widersprüche.
Im Bewußtsein der Gesellschaft herrscht immer wieder eine
soziale und ökonomische Diskriminierung. Diese Diskriminierung geht meistens
von der Oberschicht aus, die sich entsprechend auch von der Unterschicht
abgrenzt. Wenn man jedoch Rio de Janeiro
als ganze Stadt betrachtet, so fällt auf, dass Unter- und Oberschicht
unmittelbar nebeneinander wohnen. Überall, vor allem an den Hängen von Rio de
Janeiro, befinden sich Favelas und oft erkennt man zwischen einzelnen
Favelakomplexen Hochhäuser, die entweder Hotels darstellen oder von der Mittel-
bis Oberschicht bewohnt werden. Auch wenn man hier von einer räumlichen
Integration sprechen kann, so findet man in Rio de Janeiro kaum die
Bereitschaft von Seiten der Mittel- und Oberschicht für eine soziale
Integration der Unterschicht, bzw. der Favelabewohner. Zwar kommen diese
verschiedenen Schichten immer wieder in Kontakt, aber dies geschieht nur, um
seinen eigenen Nutzen zu steigern und nicht etwa aus reiner Menschenfreundlichkeit.
Die Hausangestellten ist hierfür ein gutes Beispiel. Zum einen stellt die
Hausangestellte eine kontinuierliche Dienstleistung für die Oberschicht dar und
zum anderen spiegelt sie auch noch bis zu einem gewissen Grad den Reichtum der
Familie wider. Den Hausangestellten selbst bleibt meistens keine Alternative
auf andere Weise Geld zu verdienen. Das Leben in der Favela erfordert für die
Menschen dort immer neue Überlebensstrategien, die jedoch begrenzt sind.
Um die anfangs gestellten Fragen zu beantworten, ist der Favelakomplex Maré ein
bestes Beispiel hierfür.
Diese Favela zeigt, dass es Armut in Rio de Janeiro
gibt. Dies wird deutlich wenn man den baulichen Zustand der Häuser, die
Infrastruktur, den Bildungsgrad und die Verdienstmöglichkeiten der
Favelabewohner betrachtet. Von einer Integration kann man hier nicht sprechen,
da sich die Menschen der Unterschicht selbst organisieren und teilweise sogar
gegen staatliche Projekte, die sich gegen ganze Favelakomplexes richten, wehren
müssen. Allerdings sollte erwähnt werde, dass der ausbleibende soziale Kontakt
zwischen den unterschiedlichen Schichten nicht nur von der Oberschicht ausgeht,
sondern auch teilweise von den Menschen in den Favelas oder Armutsvierteln.
Bedingt durch erhöhte Kriminalität, gewinnt der kriminelle städtische
informelle Sektor immer mehr in den Favelas an Bedeutung. Verschiedene Gebiete
oder sogar ganze Favelas werden durch unterschiedliche Drogenbanden eingenommen
und somit herrschen in diesen Gebieten auch neue Gesetze, die von den
Favelabewohner einzuhalten sind, unter anderem das Verbot für anderen
Gesellschaftsschichten zu arbeiten.
Diese Situation ist für die betroffenen
Bewohner sehr hart, da sie einerseits Geld verdienen müssen, um zu überleben,
aber andererseits nicht außerhalb ihrer Favela arbeiten dürfen. Diese Situation
drängt dadurch immer mehr Bewohner in den kriminellen informellen Sektor. Viele
Banden richten ihre Gewalt gegen Menschen der Mittel- bzw. Oberschicht. Durch
diese Übergriffe versuchen sich die Bewohner von Nobelviertel immer mehr
abzuschirmen, indem sie, wie im oberen Teil der Arbeit schon kurz
erwähnt, Gated Communities eröffnen.
Hier taucht wieder der sogenannte Widerspruch in Rio de Janeiro auf, denn das
Ziel der Oberschicht ist, die gesellschaftliche Ungleichheit aufrecht zu
erhalten, doch trotzdem findet ein ökonomischer Austausch zwischen den
unterschiedlichen Schichten statt. So verkaufen Drogenhändler aus den
Armutsvierteln ihre Drogen in den Vierteln der Oberschicht und wiederum verkauft
ein Teil der reicheren Bevölkerung ihre Drogen in den Favelas.
Solange sich die
Beziehungen zwischen den Gesellschaftsschichten nur auf dieser Basis bewegt,
kann man von keiner vollen sozialen Integration der Armut in Rio de Janeiro
sprechen und solange es keine Bereitschaft von beiden Seiten der
Bevölkerungsschichten gibt, wird sich so schnell die Gesellschaftsstruktur
speziell in Rio de Janeiro nicht verändern.