Es lässt sich erkennen,
dass gerade aufgrund der extremen Ausdifferenzierung wiederum segmentäre
Strukturen entstehen. Nimmt man am arbeitsteiligen System teil, so verlieren
soziale Netzwerke stark an Bedeutung, da ihre Aufgaben von Organisationen wie
Versicherung, Verwaltungen, Bildungsstätten, Gerichten etc. übernommen werden.
Die Teilnahme an solchen Organisationen erfordert weitaus geringfügigere
soziale Kontakte. Fällt jedoch der Zugang zu diesen Organisationen weg, so muss
dieser leere Platz wieder gefüllt werden, und andere Institutionen, in Form
sozialer Netzwerke, übernehmen die Aufgaben. Haben sich diese Netzwerke einmal
etabliert, so wird es schwierig, von außen einen Zugang zu finden, da die
verschiedenen Aufgaben von keiner zentralen Stelle geregelt werden. Es bestehen
systemtypische Inklusionsregeln, die Außenstehenden einen Zugang erschweren.
Beschließt z. B. ein Bankdirektor (der nicht mit Drogen dealt) eine Villa mit
Pool und eigenem Wasserzugang aufgrund der niedrigeren Grundstückpreise in
einem Favelagebiet zu bauen und hofft auf gute nachbarschaftliche Verhältnisse,
so wird dies zu einer echten Herausforderung werden. Genauso schwierig ist es
für einen Favelado, ohne ordnungsgemäße Adresse und Schulabschluss, eine
Anstellung außerhalb des informellen Sektors zu finden, denn Funktionssysteme
und auch Netzwerke sind wählerisch.
Am Beispiel des Wirtschaftssystems lässt sich dies gut verdeutlichen: Die
Inklusionsregeln lassen nur dann eine Teilnahme zu, wenn das (kapitalistische)
System davon profitiert, was viele Arbeitslose sicher bestätigen können. In das
Parallelsystem außerhalb der Gesellschaft inkludiert zu sein, erfordert
ebenfalls die Erfüllung der systeminternen Regeln. Am Beispiel krimineller
Netzwerke wird deutlich, dass die Regeln auch hier das Wohl des Netzwerkes in
den Vordergrund stellen, da ein Zugang gewisse Voraussetzungen erfordert, z. B. das der
Banker über ausgeprägte soziale Kontakte innerhalb des Netzwerkes verfügt, oder
selbst kriminell ist, was ihn verletzlich und damit vertrauenswürdig macht.
Offensichtlich ist, dass die Ideologie der Globalisierungsbefürworter regionale Disparitäten und Armut durch Demokratie und Technisierung beheben zu können, gescheitert ist. Neben dem Zeitfaktor ist auch die Zugänglichkeit zu Inklusionsregeln und Bereichen ein Kriterium bei der Transformation zur funktional ausdifferenzierten Gesellschaft. Die Strukturen der Netzwerke, die dem Ausgeschlossenen als eine Art Sozialversicherung dienen, lassen sich nicht von außen durchbrechen und steuern, was die zum Teil enormen Entwicklungshemmnisse erklärt.